Arbeitspapier


 

Inhalt und Folgen des Gesetzes über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten (Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz – UrhDaG) in Bezug auf die Werkform Fotografie.

 

Inhalt:

1. Was ist das UrhDaG?

2. Welche Folgen hat das UrhDaG?

3. Ist eine bessere Lösung möglich?

4. Wie geht es jetzt weiter?

5. Fazit

6. Quellenverzeichnis

 

Die folgenden Ausführungen geben unsere Auslegung des UrhDaG wieder. Tatsächlich werden Gerichte entscheiden müssen, wie das Gesetz im Einzelnen auszulegen ist.

 

 

1. Was ist das UrhDaG?

 

Das UrhDaG ist die deutsche Umsetzung der Europäischen Richtlinie “Directive on Copyright in the Digital Single Market” (DSM-RL). Erklärtes Ziel der Richtlinie ist es, die Rechte von Urhebern zu stärken und für eine Honorierung von Werknutzungen auf Social Media Plattformen zu sorgen. 

Dieses Ziel soll über die „kollektiven Lizenzen mit erweiterter Wirkung“ – Enhanced Collective Licences (ECL) erreicht werden, welche die Plattformen (Diensteanbieter) nach dem deutschen UrhDaG zwingend mit den Verwertungsgesellschaften (VGs) abschließen müssen.

Über diese Lizenzen soll die Verwendung von Werken Dritter auf Social Media Plattformen (Diensteanbieter) honoriert und legalisiert werden. Voraussetzung ist, dass der Uploader (Nutzer) nicht kommerziell handelt oder keine erheblichen Einnahmen erzielt (UrhDaG §6). Dies trifft auf Privatpersonen zu, aber auch auf nicht-kommerziell tätige oder ohne erhebliche Einnahmen tätige Behörden, Stiftungen, Vereine, Verbände, Parteien usw.

 

Das UrhDaG hat für Urheber unterschiedliche Folgen.

Dabei muss zwischen unterschiedlichen Gruppen von Bildern im Sinne des UrhDaG unterschieden werden:

 

1.1             Bilder, deren Urheber Mitglieder der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst sind und die über den Wahrnehmungsvertrag für die ECL automatisch lizenziert wurden („vertraglich erlaubte Nutzung“).

1.2             Bilder von Urhebern, die nicht Mitglied der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst sind und die nicht aktiv für die ECL lizenziert wurden, sondern durch nicht-handeln, also weil nicht widersprochen wurde. 

1.3             Bilder, die für Nutzungen verwendet werden, welche gesetzlich erlaubt sind („gesetzlich erlaubte Nutzung“).

1.4             Bilder, die von den Urhebern bei den Diensteanbietern für die Nutzung im Rahmen der ECL qualifiziert blockiert wurden.

1.5             Bilder, die qualifiziert blockiert wurden, deren Nutzung aber gesetzlich erlaubt sein könnte, was zu einer mutmaßlich erlaubten Nutzung führen kann.

1.6             Bilder, die bei Start-up Diensteanbietern und kleinen Diensteanbieter hochgeladen werden.

1.7             Bilder, die neben den Urheberrechten mit weiteren Rechten Dritter belegt sind, z.B. Persönlichkeitsrechte abgebildeter Personen oder Rechte von Urhebern abgebildeter Dinge. 

 

1.1 Bilder, deren Urheber Mitglieder der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst sind und die über den Wahrnehmungsvertrag für die ECL automatisch lizenziert wurden (vertraglich erlaubte Nutzung)

Ziel des Gesetzes ist es, dass sowohl nicht-kommerzielle Nutzer als auch die Diensteanbieter Rechtssicherheit im Umgang mit Werken Dritter erlangen. Oder anders formuliert: Nicht-kommerzielle Nutzer sollen sich keine Gedanken darüber machen müssen, wer die Nutzungsrechte eines Werkes innehat oder wer dessen Urheber ist, und ob es für die konkrete Nutzung gem. UrhDaG eine Genehmigung gibt. 

Dafür zahlen die Diensteanbieter im Rahmen der „kollektiven Lizenzen mit erweiterter Wirkung“ (ECL) eine pauschale Vergütung, welche über die VG direkt an die Urheber ausgeschüttet wird, auch wenn Urheber die Rechte für eine öffentliche Wiedergabe einem Dritten, also zum Beispiel einem Auftraggeber, eingeräumt haben (Direktvergütung, UrhDaG § 4, Abs. 3). 

„Kollektiv“ steht bei den ECL dafür, dass nicht jeder Urheber selbst mit den Diensteanbieter verhandelt und nicht jede Veröffentlichung einzeln abgerechnet wird, sondern die Diensteanbieter Nutzungsrechte über repräsentative Rechteinhaber oder Verwertungsgesellschaften erwerben (Richtlinie (EU) 2019/790, Art. 12, UrhDaG § 4, Abs. 1). Der Vergütungsanspruch kann in Deutschland nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden (UrhDaG §4, Abs. 2, Pkt. 3).

Alle Urheber haben ein Auskunftsrecht gegenüber den Diensteanbietern über erfolgte Nutzungen (UrhDaG § 19, Abs.1).

Die so lizenzierten Bilder sind „vertragliche erlaubte Nutzungen“.

 

1.2 Bilder von Urhebern, die nicht Mitglied der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst sind und die nicht aktiv für die ECL lizenziert wurden, sondern durch nicht-handeln, also weil nicht widersprochen wurde 

„Erweitert“ steht bei den ECL dafür, dass nicht nur die Werke der VG Mitglieder von den Lizenzen umfasst sind, sondern, dass alle Werke von allen Urhebern (also jeder Person) lizenziert werden (VGG § 7a und §§51 ff.). 

Nichtmitglieder der VGs nennt das Gesetz „Außenstehende“. Diese haben ebenso Anspruch auf ihren Teil an den Ausschüttungen wie Mitglieder, denn ihre Werke fallen – auch ohne Wahrnehmungsvertrag – automatisch unter die ECL, wenn sie gegenüber der VG nicht widersprechen (VGG § 51, Voraussetzungen s. VGG §51a). Um widersprechen zu können, müssen die Außenstehenden jedoch Kenntnis von den Regelungen haben.

Allerdings haben Nichtmitglieder – im Gegensatz zu den o.g. Mitgliedern der VG – die Möglichkeit, vom Diensteanbieter eine einfache Blockierung zu verlangen; d.h. das Bild wird in diesen Fällen nach einem Hinweis des Urhebers vom Diensteanbieter gelöscht, wenn es einen „hinreichend begründeten Hinweis auf die unerlaubte öffentliche Wiedergabe des Werkes gibt.“ (UrhDaG §8, Abs. 1). Dafür müssen die Außenstehenden wiederum zunächst Kenntnis von der Nutzung erlangen. 

Für die unter 1.1 genannten Mitglieder der VG besteht diese Möglichkeit nicht, sie müssen zum Mittel der qualifizierten Blockierung greifen (Siehe Punkt 1.4).

Auch diese Bilder sind – wenn der Widerspruch ausbleibt – lizenziert und somit „vertragliche erlaubte Nutzungen“.

 

1.3 Bilder, die für Nutzungen verwendet werden, welche gesetzlich erlaubt sind.

Weiterhin gibt es „gesetzlich erlaubte Nutzungen“ (UrhDaG §5), also z.B. die Wiedergabe als Zitat, Karikatur, Parodie und Pastiche, etc., welche kein Urheber verhindern kann.

Einzige Möglichkeit, eine Nutzung zu verhindern, ist der Schutz der Urheberpersönlichkeitsrechte bei einer Entstellung des Werkes (UrhDaG §13, Abs. 3, UrhG § 14). In diesen Fällen ist eine einfache Blockierung möglich, d.h. das Bild wird nach Hinweis des Urhebers vom Diensteanbieter gelöscht, wenn es einen „hinreichend begründeten Hinweis auf die unerlaubte öffentliche Wiedergabe des Werkes gibt.“ (UrhDaG §8, Abs. 1).

 

1.4 Bilder, die von den Urhebern bei den Diensteanbietern für die Nutzung im Rahmen der ECL qualifiziert blockiert wurden.

Ist die Nutzung weder vertraglich erlaubt (durch Wahrnehmungsvertrag mit der VG und/oder die ECL) noch gesetzlich erlaubt, handelt es sich um „unerlaubte Nutzungen“ (UrhDaG §7 und 8). Da jedes Werk per Gesetz automatisch unter die ECL fällt, müssen Urheber oder Rechteinhaber (also z.B. Auftraggeber oder Agenturen) aktiv widersprechen, wenn eine unkontrollierte Nutzung gem. ECL verhindert und die Verbreitung von Werken unterbunden werden, also „unerlaubt“ sein soll. 

 

Bei den Diensteanbietern muss in diesem Fall eine „qualifizierte Blockierung“ erwirkt werden (eventuell bei jedem einzeln), die dafür „erforderlichen Informationen“ (Referenzdateien) müssen zur Verfügung gestellt werden (UrhDaG §7, Abs. 1). Es wird also eine Datenbank von Werken erstellt, die nicht unter der ECL verwendet werden dürfen.

Will ein Nutzer eine solche Datei hochladen, und handelt es sich nicht um eine geringfügige Nutzung, wird dies blockiert und der Diensteanbieter muss den Nutzer auf das Blockier-verlangen selbst und auf zwei Dinge hinweisen (UrhDaG §11, Abs. 1): 

1. Dass das Werk vom Rechteinhaber blockiert wurde und eine gesetzliche Erlaubnis nach §5 UrhDaG nötig ist, um das Bild zu veröffentlichen, der Zweck der Veröffentlichung also ein Zitat, eine Karikatur, Parodie oder ein Pastiche oder ein weiterer erlaubte Fall nach Teil 1 Abschnitt 6 des Urheberrechtsgesetzes sein muss. 

2. Dass der Nutzer den Upload aber auch einfach als nach §5 UrhDaG gesetzlich erlaubt kennzeichnen kann (Flaging) (UrhDaG §11, Abs. 3, Pkt. 3), was die Nutzung dann zu einer „mutmaßlich erlaubte Nutzung“ macht (UrhDaG §9, Abs. 2, Pkt. 3). 

Bei einem Werk, das aufgrund der Bildgröße unter 125KB groß ist und automatisiert als „geringfügige Nutzung“ erkannt wird, wird der Nutzer nicht auf die Blockierung verwendeter Werke hingewiesen.

Zwar wird im UrhDaG §10 als weitere Voraussetzung für die geringfügige Nutzung genannt, dass „sie nicht zu kommerziellen Zwecken oder nur zur Erzielung unerheblicher Einnahmen dienen“ darf, aber hier stellen sich folgende Fragen:

Werden kommerzielle Zwecke durch die Beschränkung des UrhDaG auf nicht-kommerzielle Nutzer nicht ohnehin ausgeschlossen? Warum dann diese Ergänzung?

Wann sind Einnahmen „unerheblich“? Wer stellt das fest? Muss der Urheber im Streitfall nachweisen, dass die die Nutzung erheblichen Einnahmen dient? 

Wohlgemerkt bezieht sich die Frage der „unerheblichen Einnahmen“ nicht auf den Nutzer, sondern auf die Nutzung. Betrifft das dann auch die Einnahmen des Diensteanbieters?

 

1.5 Bilder, die qualifiziert blockiert wurden, aber deren Nutzung mutmaßlich erlaubt ist.

Mit den „mutmaßlich erlaubten Nutzungen“ (UrhDaG §9) will der deutsche Gesetzgeber verhindern, dass gesetzlich erlaubte Nutzungen (s.o., Zitat, Karikatur, Parodie, Pastiche) blockiert werden, weil die verwendeten Werke Dritter durch automatisierte Verfahren (die z.B. das blockierte Werk identifizieren, aber eine Parodie nicht erkennen können) nicht hochgeladen werden. Sie sollen also bis zum Abschluss eines Beschwerdeverfahren online bleiben.

 

Von der „mutmaßlich erlaubten Nutzung wird bei Fotos als Teil von nutzergenerierten Inhalten ausgegangen, wenn das verwendete Foto eines Dritten, also das vom Rechteinhaber blockierte Foto, mit einem anderen Werkteil (also weiteres Bild, Text oder Film vom Nutzer oder einem Dritten) kombiniert wird UND entweder nicht größer als 125KB ist (geringfügige Nutzung UrhDaG §10) ODER vom Nutzer schlicht als “gesetzlich erlaubt” nach §5 UrhDaG gekennzeichnet wurde (UrhDaG §11).

 

In diesem Fall geht das Bild online, aber der Diensteanbieter informiert den Rechteinhaber und gibt ihm die die Möglichkeit zur Beschwerde. Bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens bleibt das Werk online. 

Dagegen kann der Rechteinhaber auf zwei Arten vorgehen: Er verlangt eine sofortige Blockierung (Red Button), weil er begründen kann, dass die Wiedergabe des Bildes offenkundig rechtswidrig ist oder eine wirtschaftliche Gefährdung des Rechteinhaber vorliegt. Dann bleibt das Bild offline, bis über die Beschwerde entschieden wurde. Da vermutlich nur wenige mutmaßlich erlaubte Nutzungen auch gesetzlich erlaubte Nutzungen sind, könnte das ein probates Mittel sein, um unliebsame Nutzungen zu verhindern. 

Außerdem kann der Urheber (hier nicht der Rechteinhaber) eine einfache Blockierung seines Werkes nach §8 UrhDaG verlangen, wenn seine Urheberpersönlichkeitsrechte bei einer Entstellung des Werkes geschützt werden müssen (UrhDaG §13, Abs. 3, UrhG § 14). Auch dann ist der Diensteanbieter verpflichtet, das Bild zu löschen. 

Allerdings sollte sich der Rechteinhaber seiner Sache schon sicher sein: Gem. UrhDaG §18 „Maßnahmen gegen Missbrauch“ kann ein Rechteinhaber, der wiederholt fälschlicherweise eine sofortige oder einfache Blockierung verlangt, für einen angemessenen Zeitraum von diesem Verfahren ausgeschlossen werden.

Die Wiedergabe dieses eigentlich blockierten aber durch „mutmaßlich erlaubte Nutzung doch veröffentlichten Werkes ist dem Urheber vom Diensteanbieter über die Verwertungsgesellschaft angemessen zu vergüten (UrhDaG §12, Abs.1).

Die „mutmaßlich erlaubten Nutzungen“ gibt es bislang nur in Deutschland, sie sind nicht Regelungsinhalt der EU-Richtlinie. Davon abgesehen, dass Deutschland die Richtlinie nicht richtlinienkonform umsetzt, wird das Ziel der Richtlinie, eine Harmonisierung des Urheberrechts in der EU, konterkariert.  

 

1.6 Bilder, die bei Start-up Diensteanbieter und kleinen Diensteanbieter hochgeladen werden.

Sog. Start-up Diensteanbieter (jährlicher Umsatz in der EU bis zu 10 Mio. EUR, Dienste seit weniger als 3 Jahren verfügbar (UrhDaG §2 Abs. 2 und 3)) deren durchschnittliche monatliche Anzahl unterschiedlicher Besucher der Internetseiten des Dienstes 5 Millionen nicht übersteigt (UrhDaG §7, Abs. 4) und kleine Diensteanbieter (jährlicher Umsatz in der EU unter 1 Mio. EUR) sind nicht zur Lizenzierung nach UrhDaG verpflichtet. Widerleglich sind sie auch nicht zur qualifizierten Blockierung verpflichtet.

Hier bleibt es dabei, dass ein Bild nach Hinweis des Urhebers vom Diensteanbieter gelöscht werden muss, wenn es sich nicht um eine erlaubte Nutzung handelt (UrhDaG § 8, Abs. 1 und §7, Abs. 4 und 5).

 

1.7 Bilder, die neben den Urheberrechten noch mit weiteren Rechten Dritter belegt sind, z.B. Persönlichkeitsrechte abgebildeter Personen oder Rechte von Urhebern abgebildeter Dinge. 

Das UrhDaG regelt nur die Rechte der Urheber. Rechte Dritter werden nicht geregelt. Wer beim Upload solcher Bilder – von denen es recht viele geben dürfte – verantwortlich ist, ist nicht klar. Ist es der ECL-lizenzierende Urheber, der die Bilder nicht blockieren lässt, der Diensteanbieter, der bei Urheberrechtsverletzungen verantwortlich sein soll, oder der Nutzer, der das Bild hochlädt? Damit ist die gewünschte Rechtssicherheit für einen großen Teil der Bilder nicht mehr gegeben.

 

 

2. Welche Folgen hat das UrhDaG und welche Konflikte drohen?

 

2.1       Kontrollverlust, Verwendung in unerwünschtem Kontext möglich

2.2        Widerspruchsregelung ist Rechtsumkehrung

2.2.1        Verfassungsmäßigkeit

2.2.2        Aufwand ohne Ertrag bei Widerspruch

2.2.3        Keine Kenntnis der Regelung bei Außenstehenden

2.2.4        Einbeziehung von Außenstehenden

2.2.5        Leistungsgerechte Abrechnung der Lizenzen 

2.2.6        Haftung für Rechte Dritter

2.2.7        Anzahl der Werke

2.3        „Mutmaßlich erlaubte Nutzung“ nicht zielführend, Nachweis des Gegenteils muss vom Urheber geführt werden

2.4        Unklare Abgrenzung von kommerzieller und nicht-kommerzieller Nutzung

2.5        Rechte Dritter und unklare Haftung bei Verstoß

2.6        Aufgabe der Autonomie der Urheber gegenüber den Verwertungsgesellschaften

2.7        Finanzielle Einbußen aufgrund pauschaler Lizenzierung

2.8        Keine Durchsetzung der Urhebernennung und des Erhalts der IPTC-Daten

 

2.1 Kontrollverlust, Verwendung in unerwünschtem Kontext möglich

Für Fotografen als Autoren ist es wichtig zu kontrollieren, in welchem Kontext ihre Bilder publiziert werden. Wer Menschen in Flüchtlingslagern oder anderen prekären Situationen fotografiert hat, wird nicht akzeptieren können, dass Nutzer (egal ob kommerziell oder nicht) diese Bilder in einem völlig anderen Kontext publizieren, womöglich um Hass und Hetze zu verbreiten. Da die fotografierten Personen davon ausgehen müssen, dass dies mit Einverständnis des Urhebers (der ja ggf. tatsächlich eine ECL erteilt hat) geschieht, werden solche Fälle dafür sorgen, dass Fotografen in einem sensiblen Umfeld kein Vertrauen mehr entgegengebracht wird. 

Dieses Vertrauen ist aber vielfach die Arbeitsgrundlage von Fotojournalismus und professioneller Fotografie. Fotografen stehen gegenüber den Menschen, die ihnen Zugang gewähren, dafür ein, dass die Bilder, die sie machen, nur in einem wahrheitsgemäßen und authentischen Kontext verwendet werden.

Der Gesetzgeber unterschätzt offenbar den Anteil von Bildern, die aus unterschiedlichen Gründen besser von einer pauschalen Freigabe zur Nutzung ausgenommen wären. Die Anzahl der betroffenen Bilder dürfte weitaus höher sein als die Anzahl der Bilder, bei denen ungebremstes Teilen in sozialen Netzwerken kein Problem oder gar erwünscht ist. 

 

 

2.2 Widerspruchsregelung ist Rechtsumkehrung

Nur wenn Urheber dies aktiv verlangen, soll der Diensteanbieter durch die sog. „qualifizierte Blockierung” sicherstellen, dass ein Werk nicht im Rahmen der ECL wiedergegeben wird (UrhDaG §7, Abs.1). Unternimmt der Urheber nichts, z.B. aus Unkenntnis, können die Bilder legal im Rahmen der ECL verwendet werden.

Das Ziel der Widerspruchsregelung ist es – und das wird auch von unterschiedlichsten Stellen bestätigt – ein möglichst großes Repertoire von Werken soll für die problemlose Nutzung auf den Plattformen der Diensteanbieter zur Verfügung stehen. Die Rechte der Urheber stehen zurück.

Das bedeutet einen Paradigmenwechsel von der Rechtsnorm einer Opt-In Regelung (Fotograf erlaubt die Nutzung seines Werkes) zu einer Opt-Out Regelung (Fotograf muss widersprechen, wenn er eine Nutzung seines Werkes nicht wünscht). Zukünftig müssen Urheber aktiv werden, wenn sie an der Plattformlizenzierung nicht teilnehmen wollen oder können. Personen, welche ihre Bilder lizenzieren lassen wollen und damit auch von den Ausschüttungen der Lizenzen profitieren, haben hingegen keinen Aufwand. 

Das ist nicht nur eine Beschneidung von Eigentumsrechten, sondern auch eine Umkehrung von elementaren Rechtsgrundsätzen. 

Der Bundesrat schreibt in seiner Beschlussempfehlung vom 16.03.2021 (Drucksache 142/1/21) unter Punkt 27 b): „Der Bundesrat erinnert an die allgemeinen Beweisgrundsätze, wonach derjenige, der sich auf eine für ihn günstige Vorschrift beruft, nachweisen muss, dass ihre Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Dementsprechend ist es zentrales Prinzip des Urheberrechts, dass derjenige, der eine Schranke in Anspruch nimmt, deren Voraussetzungen nachweisen muss. Dieses Prinzip wird durch § 9 UrhDaG in sein Gegenteil verkehrt, wenn der Rechteinhaber darlegen und nachweisen muss, dass eine Nutzung nicht die Voraussetzungen für die gesetzliche Erlaubnis erfüllt.“ 

Die Empfehlung wurde so nicht beschlossen und das Widerspruchsverfahren wurde im Gesetzgebungsprozess nicht mehr in Frage gestellt. Dies bringt viele Probleme und Ungerechtigkeiten mit sich:

 

2.2.1 Verfassungsmäßigkeit

Artikel 14 des Grundgesetzes gewährleistet das Recht auf Eigentum. Das betrifft selbstverständlich auch Urheberrechte. 

So schreibt RA Seyfert in seinen 13 Kritikpunkten am UrhDaG:

Die vermögensrechtlichen Bestandteile des Urheberrechts werden von der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG geschützt. Art. 14 GG schützt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch die „grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber“ als so genanntes „geistiges Eigentum“. Siehe BVerfGE 31, 229 (240 f.). Auch die Leistungsschutzrechte der Künstler und Tonträgerhersteller rechnet das BVerfG zum Eigentum im Sinne des Art. 14 GG. Siehe BVerfGE 81, 208 (219) und BVerfGE 142, 74.”

 

Durch Verkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses (Lizenz greift erst, wenn der Rechteinhaber – die VG – eine Lizenz anbietet), in Kombination mit einer Widerspruchsregelung (Urheber muss der Lizenzierung durch Verwertungsgesellschaften widersprechen) ergänzt durch die Regelungen zur „mutmaßlich erlaubten Nutzung“ verlieren die Urheber im Wirkungsbereich des UrhDaG die nach Art. 14 GG garantierten Eigentumsrechte in Form der Verfügungsgewalt über ihre Werke.

Das Urheberpersönlichkeitsrecht bzw. das verfassungsmäßige Recht am geistigen Eigentum wird in Teilen de facto außer Kraft gesetzt.

 

 

 

 

 

 

2.2.2 Aufwand ohne Ertrag bei Widerspruch

 

Der Umstand, dass die Urheber selbst aktiv werden müssen, führt dazu, dass diese erhebliche zusätzliche Kosten und Aufwände haben werden, um die Kontrolle über ihre Werke auch nur annähernd zu behalten bzw. wiederzuerlangen.

Diese Kosten und der Aufwand dürften bei einer hohen Anzahl von Werken in der Folge sehr hoch sein. 

Ältere Bilder können durch eine Digitalisierung des Nutzers, z.B. durch das Abfotografieren von Druckerzeugnissen in das Internet gelangen. Dem Urheber liegen diese älteren Bilder oft nur als analoge Negative vor, welche erst aufwendig gescannt werden müssten. Das dürfte in vielen Fällen mit einem nicht zu rechtfertigenden Zeit- und Kostenaufwand verbunden sein.

 

2.2.3 Unkenntnis von der Regelung bei Außenstehenden

Widerspruchsverfahren unterliegen naturgemäß dem Problem, dass nur die Person Gebrauch von ihm machen kann, welche davon Kenntnis hat. 

Der allergrößte Teil der Weltbevölkerung samt den meisten Menschen in Europa und Deutschland werden keine Kenntnis vom deutschen Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz haben.

Sie haben selbstverständlich Urheberrechte, aber praktisch keine Möglichkeit, diese auch wahrzunehmen. Dabei kann ein Jugendlicher in Nigeria, eine Großmutter aus Anchorage oder ein Taxifahrer aus Castrop-Rauxel – genauso wie jeder professionelle Fotograf – durchaus einen viralen Superhit landen, der auch in Deutschland hochgeladen wird und dann zehntausendfach geteilt und angesehen wird.

Hier wird also ganz eindeutig billigend in Kauf genommen, dass sehr viele Menschen von ihren Rechten keinen Gebrauch machen können, mehr noch, das Gesetz zielt sogar genau darauf ab.

 

2.2.4 Einbeziehung von Außenstehenden

Der Jugendliche in Nigeria und die Großmutter aus Anchorage sind selbstverständlich nicht Mitglied in einer deutschen Verwertungsgesellschaft. Der Taxifahrer aus Castrop-Rauxel vermutlich auch nicht. Als sog. „Außenstehende“ hätten sie aber, wie private deutsche Urheber, die nicht Mitglied in einer VG sind, ein Anrecht auf Ausschüttungen aus den Lizenzgebühren.

Es ist aber natürlich unmöglich, diese auszuzahlen, da die Berechtigten der VG natürlich unmöglich bekannt sein können, denn die Nutzungen unter der ECL werden ja nirgends erfasst. Das gilt genauso für den talentierten deutschen Hobbyfotografen, dessen Katzenbilder tausendfach geteilt werden. 

Für die möglichen Forderungen der Außenstehenden müssten die Verwertungsgesellschaften sehr hohe Rückstellungen anlegen. Denn es müsste davon ausgegangen werden, dass jeder Berechtigte seinen Anteil an den Lizenzgebühren auch einfordert.

 

2.2.5 Leistungsgerechte Abrechnung der Lizenzen 

Aber auch die Mitglieder der Verwertungsgesellschaften haben, zumindest soweit es Fotos betrifft, keine Chance auf leistungsgerechte Anteile aus den Lizenzausschüttungen. Denn niemand weiß, welche Bilder von Nutzern überhaupt und wenn, wie häufig verwendet wurden. 

Die Verteilung der Gelder muss auf fremden Größen wie zum Beispiel dem generellen Umsatz des Mitglieds der VG beruhen. Der Umsatz hat möglicherweise wenig mit der Anzahl der Verwendung durch nicht-kommerzielle Nutzer auf Plattformen zu tun. 

Im Gegenteil: Selbst ein Bild, dass überhaupt keinen Umsatz generiert, etwa ein wenig kommerzielles Bild von Katzenbabys, kann eine sehr hohe Reichweite erzielen. Damit müsste der Urheber damit auch höhere Vergütungen erhalten als ein professioneller Fotograf mit viel Umsatz aber wenig Reichweite auf den Plattformen. 

 

2.2.6 Haftung für Rechte Dritter

Nahezu jedes Bild, auf dem eine Person abgebildet ist, ist von Persönlichkeitsrechten betroffen. Bilder von Designgegenständen (z.B. Möbel) oder Kunstwerken, sind mit Urheberrechten der Designer oder Künstler oder auch Markenrechten belastet. Das gilt zum Beispiel für den beleuchteten Eifelturm in Paris oder für Kunstwerke von Christo und Jeanne-Claude. Privatgelände und Innenräume, auch z.B. von Einkaufszentren unterliegen u.a. Eigentumsrechten. 

Für die private Offline-Verwendung spielt das keine Rolle, erlangen diese Bilder aber auf Social Media Plattformen eine größere Öffentlichkeit, wird das relevant. 

Durch die Widerspruchsregelung ist die Haftungsfrage für Rechte Dritter in besonders problematisch, da Urheber ja wie oben beschrieben z.T. gar keine Kenntnis von der Lizenzierung ihrer Bilder haben. So können sie auch nicht einschreiten, wenn Rechte Dritter verletzt werden.

Siehe dazu auch Punkt 2.5.

 

2.2.7 Anzahl der Werke

Durch den Automatismus der Widerspruchsregelung wird ein sehr hoher Anteil der lizenzierten Bilder tatsächlich aus unterschiedlichsten Gründen gar nicht dafür geeignet sein, durch beliebige Nutzer verwendet zu werden. Die Zahl dieser ungeeigneten Bilder ist sicher erheblich größer als die Anzahl der Bilder, welche problemlos und frei von weiteren Rechten verwendet werden können und bei denen das vom Urheber auch so gewünscht ist. Klar ist: Ein großer Teil der Fotos, die tagtäglich und überall entstehen, ist entweder privater Natur oder mit Rechten Dritter belastet. 

Wenn also die Anzahl der ungeeigneten Bilder größer ist als die Anzahl der geeigneten, dann ist eine Widerspruchsregelung das falsche Instrument. 

 

2.3 „Mutmaßlich erlaubte Nutzung“ nicht zielführend, Nachweis des Gegenteils muss vom Urheber geführt werden

Eine Blockierung bedeutet nicht, dass ein Bild nicht über den gesetzlich erlaubten Rahmen hinaus veröffentlich werden kann. Im Fall der ”mutmaßlich erlaubten Nutzung” wird eine Blockierung nicht mehr sofort wirksam, sondern das Bild bleibt online, bis der Urheber nachgewiesen hat, dass sein Blockierverlangen in diesem Fall rechtmäßig ist. 

Für den Zeitraum der Klärung ist der Diensteanbieter aus der Verantwortung entlassen, gleiches gilt für den Nutzer, wenn es sich um eine geringfügige Nutzung handelt, also ein Bild kleiner als 125KB (UrhDaG §12 Abs. 2 und 3 – siehe auch Punkt 1.4). Der Rechteinhaber hingegen muss gegenüber der Plattform nachweisen, dass die Nutzung nicht erlaubt ist und auch nicht unter gesetzliche Ausnahmeregelungen fällt. Erst wenn er das nachgewiesen hat, kann er gegen den unberechtigten Nutzer gerichtlich vorgehen. Der zeitliche und finanzielle Aufwand liegt auf jeden Fall beim Urheber und es ist äußerst fragwürdig, ob der Aufwand und das Risiko eines solchen Verfahrens den Ertrag, also die Nutzungsvergütung, lohnt. Dies ist leider bei den meisten Rechtsstreiten nicht der Fall.

Dieser Zeitraum des Beschwerdeverfahrens wird Nutzern in einer aktualitätsbezogenen Debatte aber völlig reichen, um ihre Gedanken unter Zuhilfenahme von Bildern Dritter zu verbreiten. Das strittige Werk verbreitet sich u.U. in Windeseile, auch über die Grenzen der ECL hinweg, z.B. in Chatgruppen und über Messengerdienste. Der Schaden entsteht sofort und ist auch durch eine nachträgliche Löschung nicht mehr rückgängig zu machen. 

Die gesamte Idee der ”mutmaßlich erlaubten Nutzung” ist in der EU-Richtlinie nicht vorgesehen und sie widerspricht auch der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001. Hier ist in Art. 3 Abs. 1 festgeschrieben, „dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“

Tatsächlich wird von Seiten des Gesetzgebers völlig ignoriert, dass die Voraussetzungen für eine „mutmaßlich erlaubte Nutzung“ nicht deckungsgleich sind den Voraussetzungen für eine gesetzlich erlaubte Nutzung. 

Wenn man ein Bild mit einem Text versieht, wird es dadurch nicht automatisch zu einer Parodie oder Karikatur. Ein Pastiche ist für Fotos keine sinnvolle Kategorie und auch bei Parodie und Karikatur ist dem Nutzer kaum zuzutrauen, die exakte Definition zu kennen. 

Wäre ein Portrait, mit einem angemalten Oberlippenbart eine Parodie? 

Auf jeden Fall wird ein Bild schon zur “mutmaßlich erlaubten Nutzung”, wenn der Nutzer eine Collage aus mehreren Bildern erstellt, ein Bild mit einem Text kombiniert wird, oder wenn der Nutzer den Upload einfach als „mutmaßlich erlaubte Nutzung“ kennzeichnet und das Bild unter 125KB groß ist. Eine gesetzlich erlaubte Nutzung ist das aber nicht unbedingt, siehe dazu auch noch einmal Punkt 1.4 und 1.5.

 

Die ganze Idee der „Mutmaßlich erlaubten Nutzung“ ist äußerst problematisch.

 

Darauf haben auch die Sachverständigen im Rahmen der Anhörungen des Deutschen Bundestages durch den Kultur- und den Rechtsausschuss hingewiesen. So äußerten sich die Sachverständigen Dr. Christian Seyfert, LL.M., Professor Dr. Christian-Henner Hentsch, Prof. Dr. Christoph Möllers und Prof. Dr. Gerhard Pfennig vielfach kritisch: 

 

Die „mutmaßlich erlaubte Nutzung“ 

        regelt „die Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte – ihre Verfügbarkeit wie ihre Vergütung ohne und gegen den Willen der Urheber.“ (Möllers);

        ist eine „Enteignung geistigen Eigentums“ (Seyfert), da die Urheber „die Veröffentlichung ihrer Inhalte auf einer Plattform grds. bis zum Abschluss eines Beschwerdeverfahrens hinnehmen“ müssen. (Möllers);

        bedeutet bei der geringfügigen Nutzung eines Lichtbildwerkes, Lichtbildes oder einer Grafik, dass 100% des Werkes genutzt werden können, aber „bei der Nutzung von ganzen Werken kann weder von Geringfügigkeit noch von Kleinteiligkeit die Rede sein.“ (Pfennig);

        lässt „das Urheberpersönlichkeitsrecht gänzlich außer Acht“, da „die Widerlegung einer „mutmaßlich erlaubten Nutzungen“ lediglich auf die wirtschaftliche Verwertung ab(stellt)“ (Hentsch), was z.B. die politische Vereinnahmung von Werken möglich macht;

        ist lediglich „ein Schutzmechanismus für die gesetzlich erlaubten Nutzungen bei automatischer Filterung“ (Möllers). Sie ändern nichts daran, dass die Filter der Diensteanbieter nicht entscheiden können, ob eine Nutzung rechtmäßig ist (Zitat, Karikatur, Pastiche oder lizenziert);

        „verstößt weiter gegen (…) „das Gebot wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen.“ (Möllers);

        „läuft dem Ziel eines einheitlichen Binnenmarktes mit einem hohen Schutzniveau für das Urheberrecht zuwider.“ da es sich um eine rein deutsche Lösung handelt. (Möllers);

       „schaffen eine Beweislastregel zum Nachteil der Urheber. (…) Sofern der Urheber sich in Beweisnot befindet, kann er die „mutmaßlich erlaubte Nutzung“ (…) nicht widerlegen.“ (Seyfert).

 

Auch der Bundesrat schreibt in seiner Beschlussempfehlung vom 16.03.2021 (Drucksache 142/1/21) unter Punkt 27 b): „Der Bundesrat erinnert an die allgemeinen Beweisgrundsätze, wonach derjenige, der sich auf eine für ihn günstige Vorschrift beruft, nachweisen muss, dass ihre Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Dementsprechend ist es zentrales Prinzip des Urheberrechts, dass derjenige, der eine Schranke in Anspruch nimmt, deren Voraussetzungen nachweisen muss. Dieses Prinzip wird durch § 9 UrhDaG in sein Gegenteil verkehrt, wenn der Rechteinhaber darlegen und nachweisen muss, dass eine Nutzung nicht die Voraussetzungen für die gesetzliche Erlaubnis erfüllt.“ 

Die Empfehlung wurde so nicht beschlossen und das Widerspruchsverfahren wurde im Gesetzgebungsprozess nicht mehr in Frage gestellt.

 

Der Grundgedanke der Europäischen DSM-Richtlinie war es, die Rechte der Urheber zu stärken. Für Nutzungen auf den Plattformen sollten die Diensteanbieter verantwortlich sein und die Urheber angemessen honorieren. In Deutschland wird dieser sehr positive Ansatz in sein Gegenteil verkehrt, es findet eine „Enteignung geistigen Eigentums“ (Seyfert) statt. 

Hier ist es vorrangiges Ziel, Nutzern die Verwendung von Werken Dritter zu ermöglichen, und die Rechte von Urhebern dabei zu ignorieren. Anstatt die Nutzer dazu anzuhalten, sich mit den Rechten der Urheber auseinanderzusetzen und diese zu respektieren, wird ein weit verbreitetes Unrechtsbewusstsein noch durch die Gesetzgebung zementiert. 

 

2.4 Unklare Abgrenzung von kommerzieller und nicht-kommerzieller Nutzung

Im Rahmen der ECL geht es immer um ”nicht kommerzielle Nutzung”. So heißt es in UrhDaG §6, Abs. 1: ”Ist dem Diensteanbieter die Öffentliche Wiedergabe eines Werkes erlaubt, so wirkt diese Erlaubnis auch zugunsten des Nutzers, sofern dieser nicht kommerziell handelt oder mit seiner kommerziellen Tätigkeit keine erheblichen Einnahmen erzielt.”

Der Begriff ”nicht kommerziell” ist, wie auch ”keine erheblichen Einnahmen” jedoch nicht weiter definiert. 

Von „Privatpersonen“ – dieser Begriff wird in diesem Zusammenhang häufig fälschlich verwendet – ist im UrhDaG nicht die Rede. 

Es ist davon auszugehen, dass sich die Rechtsprechung an der Definition des sog. Playboy-Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 18.09.2016 orientiert. Hier ist im Zusammenhang mit dem Setzen von Hyperlinks die Rede von „Gewinnerzielungsabsicht“. 

Vereine, Verbände, Stiftungen, Parteien, Parteien und Behörden dürfen gar keine Gewinnerzielungsabsicht haben. Sie bräuchten zukünftig die Verwendungen von Werken auf ihren Social Media Profilen nicht mehr gegenüber den Urhebern honorieren, weil diese über die von den Plattformen gezahlten ECL-Lizenzgebühren (in sicherlich viel geringerer Höhe) abgegolten wären. 

Ausgehend also davon, dass Stiftungen, Behörden, Parteien, Verbände alle nicht-kommerzielle Nutzer wären, würde dies erhebliche finanzielle Einbußen für Urheber und Rechteinhaber bedeuten. Denn die hier Genannten haben bislang Bilder für die Verwendung regulär honoriert, müssten das zukünftig aber nicht mehr tun, denn die Bilder werden zukünftig über die ECL honoriert. Ganz sicher wird diese pauschale Honorierung geringer ausfallen als eine Honorierung, die sich am Umfang der Verwendung ausrichtet.

Man kommt nicht umhin festzustellen, dass die Regierungsparteien, deren Bundestagsfraktionen, die verantwortlichen Politiker der Bundesländer und das Bundesministerium der Justiz hier ein Gesetz in Kraft gesetzt haben, welches sie finanziell entlasten wird. Und zwar auf Kosten der Urheber und Rechteinhaber. Sie werden als Nicht-kommerzielle Nutzer in ihren Social Media Profilen zukünftig nicht mehr für die Verwendung von Werken bezahlen müssen. Das wird einen enormen Umfang annehmen, wenn man bedenkt, wieviele Bilder im Rahmen z.B. einer Bundestagswahl Verwendung finden.

 

Auch hier geht es nicht nur um ein angemessenes Honorar, sondern auch um die bereits oben erläuterten Rechte Dritter gegenüber diesen nicht-kommerziellen Nutzern ohne Gewinnerzielungsabsicht, die keine Privatpersonen sind. 

Hier muss eine klare Abgrenzung zugunsten der selbstbestimmten Kontrolle über die Werke durch die Urheber erfolgen.

 

2.5 Rechte Dritter und unklare Haftung bei Verstoß

Die Grundidee des Gesetzentwurfes ist es, dass nicht-kommerzielle Nutzer alle Werke auf den Plattformen der Diensteanbieter nutzen dürfen. Nutzer und Diensteanbieter sollen dabei Rechtssicherheit erhalten.

Bei der Fotografie als Werk ist aber häufig nicht nur das Urheberrecht relevant. Fotografen als Urheber haben häufig die Nutzungsrechte an ihren Werken nicht immer allein und uneingeschränkt. 

Oft erwirbt ein Kunde, der eine Fotoproduktion beauftragt hat, das ausschließliche Nutzungsrecht. In diesem Fall bleiben Fotografen zwar Urheber, dürfen aber Dritten keine Nutzungsrechte einräumen. 

So heißt es zum Beispiel in der Leistungsbeschreibung des Rahmenvertrages für die Erstellung von Fotoaufnahmen des Deutschen Bundestag in Punkt 12.7 „Der AN (Auftragnehmer) versichert, dass er allein berechtigt ist, über das Urheberrecht an dem Werk zu verfügen und dass er bisher keine den Rechtseinräumungen dieses Vertrages entgegenstehenden Verfügungen getroffen hat (insbesondere nicht gegenüber einer Verwertungsgesellschaft). Der AN steht dafür ein, dass er alle genannten Rechte in vollem Umfang wirksam auf den AG übertragen kann.“ 

Das wäre nach der geplanten Gesetzesänderung, zumindest für VG-Mitglieder, nicht mehr möglich.

Im Bereich professioneller Konzertfotografie erlauben Veranstalter/Künstler die Publikation oft nur für die aktuelle Berichterstattung und drohen mit hohen Vertragsstrafen. Werden solche Bilder umfangreich von Fans auf Plattformen verbreitet, kann das schwerwiegende Folgen für Fotografen haben. 

Die Lizenzierung von Nutzungsrechten wird auch häufig durch auf dem Bild lastende Rechte Dritter, wie z.B. Persönlichkeitsrechte abgebildeter Personen, Urheberrechte von z.B. Künstlern, Designern oder Architekten abgebildeter Objekte oder auch den Rechten von Eigentümern bei Aufnahmen außerhalb des öffentlichen Raumes eingeschränkt. 

Die allermeisten Bilder werden zudem auch gar nicht von Berufsfotografen erstellt, sondern von jeder Person. Fotografieren war schon immer, und erst recht in Zeiten von Smartphones, eine Alltagshandlung – im Gegensatz zum Komponieren von Musik oder der Herstellung eines Spielfilms. Diese werden in aller Regel öffentlich aufgeführt und damit müssen die Rechte Dritter eigentlich geklärt sein.

Alle, die fotografieren, sind Urheber und schaffen Werke, für die das UrhDaG und die ECL relevant sind, weil sie, sofern nicht widersprochen wird, lizenziert sind. Viele dieser Bilder dürfen aber aufgrund der Persönlichkeitsrechte von abgebildeten Personen oder eben anderer Rechte gar nicht verwendet werden. 

Nutzer wissen von all dem nichts und können einem irgendwo gefundenen Bild häufig nicht ansehen, ob es mit Rechten Dritter belastet ist. Sie werden aber zukünftig davon ausgehen, dass alle Bilder genutzt werden dürfen, denn genau das wird propagiert oder suggeriert. 

Dem steht aber letztlich sogar die Strafandrohung des §201a StGB „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen“ entgegen.

Wer haftet für die Rechte Dritter? Der Nutzer, dem ja der legale Upload aller Werke versprochen wird? Die Diensteanbieter, die man aber hier kaum verantwortlich machen kann? Oder der Urheber, der das Bild ja gem. UrhDaG aber ohne sein Zutun für die entsprechende Verwendung lizenziert hat?

Eigentlich sollte klar sein, dass nur Werke, die dafür von den Rechteinhabern aktiv freigegeben wurden, veröffentlicht und weitergegeben werden dürfen.

Das wird in Zukunft in Bezug auf das UrhDaG nicht mehr so sein.

 

2.6 Aufgabe der Autonomie der Urheber gegenüber den Verwertungsgesellschaften

Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst hat bis jetzt lediglich Bibliothekstantiemen, Kopiervergütung, Pressespiegelvergütung, Lesezirkelvergütung, usw. an ihre Mitglieder verteilt. Diese sind durch die von Urheber bereits lizenzierten Nutzungen angefallen, es sind keine Vergütungen für neue Nutzungen.

Viele Urheber auch anderer Branchen wollen nicht, dass die Verwertungsgesellschaften zukünftig Lizenzen, insbesondere Erstlizenzierungen, für neue Nutzungen vergeben und somit zu einer Art Agentur werden. Viele Urheber wollen selbst über Honorare verhandeln oder dies Bildagenturen ihres Vertrauens überlassen. Dafür benötigen sie die Kontrolle über die Verwendung ihrer Werke. Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst kann diese Kontrolle nicht gewährleisten. Eine Art GEMA der Fotografie wird von vielen Fotografinnen und Fotografen abgelehnt.

 

Auch der Bundesrat schreibt in seinem Beschluss vom 26.03.2021 (Drucksache 142/21) unter Punkt 22: „Der Bundesrat sieht mit Sorge, dass der Anspruch auf Vergütung für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke nach § 5 Absatz 2 Satz 2 und § 12 Absatz 1 Satz 2 UrhDaG nicht vom Urheber selbst, sondern nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden kann. Der Bundesrat befürchtet aufgrund der Schnelllebigkeit der digitalen Welt negative wirtschaftliche Folgen für Urheber und Rechteinhaber und bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren um eine Öffnung der einschlägigen Regelungen.“

 

2.7 Finanzielle Einbußen aufgrund pauschaler Lizenzierung

Der gesetzlich festgeschriebene Direktvergütungsanspruch ist zwar grundsätzlich begrüßenswert, da die Vergütung an den Urheber zu zahlen ist, aber sie bedeutet auch, dass Urheber nur über pauschalisierte Verteilungsschlüssel Anteile aus einem Topf bekommen. 

Die Verwertungsgesellschaften werden Lizenzgebühren mit den Diensteanbietern aushandeln und diese dann irgendwie an die Urheber verteilen. 

Prof. Dr. Hentsch hält das in seiner Stellungnahme für den Rechtsausschuss des Bundestages weder für erforderlich noch mit Blick auf die Vertragsfreiheit für verhältnismäßig. „Die Höhe der Vergütung zwischen Urhebern und Verwertern ist anhängig von der jeweiligen Branche, dem Marktwert des Werkes und letztendlich auch der Verhandlungsposition und dem Verhandlungsgeschick der Vertragsparteien. 

Die Direktvergütung wird vor allem bei wirtschaftlich attraktiven Werken zu deutlich geringeren, weil pauschalen Vergütungen führen, die gerade dem professionellen und qualitativ hochwertigen Werkschaffen die Grundlage entziehen.“ 

Schon jetzt ist die Verteilung der Gelder aus den Kopiervergütungen durch die VGs kaum nachvollziehbar. Es werden dazu Umsatzzahlen herangezogen, die aber in keinem Bezug zu der eigentlich zu vergütenden Anzahl von Kopien stehen.

 

 

 

 

 

2.8 Keine Durchsetzung der Urhebernennung und des Erhalts der IPTC-Daten

IPTC-Daten (auch Metadaten genannt) sind Bestandteil aller gängigen Bildformate. Auch bei Smartphone Fotos sind die Aufnahmedaten, Aufnahmezeit- und Ort gespeichert. Hier lassen sich auch Name und Kontaktdaten des Urhebers, sowie Nutzungsrechte und Freigaben hinterlegen. Professionelle Fotografen geben hier alle Informationen zum Bild ein, also auch was oder wer auf der Aufnahme zu sehen ist, und diese Informationen werden von Redaktionssystemen eingelesen.

Die IPTC-Daten sind Teil des Werkes, Voraussetzung für die im Urhebergesetz geforderte Benennung der Urheberschaft und unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Dieser Schutz muss auch in Zukunft gegeben sein.  

Bei einem Gemälde würde auch niemand den Namen des Malers entfernen. Die IPTC-Daten entsprechen genau diesem Signet des Malers auf seinem Bild.

Viele Social Media Plattformen löschen bislang in aller Regel diese Informationen vollständig. Das geschieht derzeit unter der fadenscheinigen Begründung des Datenschutzes, führt aber dazu, dass bei hochgeladen Werken die Urheber nicht mehr zu ermitteln sind. 

Bilder werden so zu verwaisten Werken gemacht und der Grundsatz, dass Urheber zu benennen sind, wird grob missachtet, bzw. unmöglich gemacht.

Die Urhebernennung ist ein Grundpfeiler des Urheberrechts. Fotografenverbände haben immer wieder erfolgreich dafür gestritten, aber auf den Social Media Plattformen ist sie nicht vorgesehen, obwohl sie leicht automatisiert generiert werden könnte.

Wer wird nun im Rahmen der Plattformhaftung für die Urhebernennung verantwortlich sein?

Die korrekte Urhebernennung und der vollständige Erhalt der IPTC-Daten durch die Plattform-betreiber muss zukünftig sichergestellt werden. Es wäre gut gewesen, dies im Rahmen der Änderung des Urhebergesetzes auch gesetzlich zu verankern. 

 

 

3. Ist eine bessere Lösung möglich?

 

Umfassende Werkdatenbank sowohl lizenzierter als auch nicht-lizenzierter Werke.

 

Eine gute Alternative wäre ein Werkverzeichnis für alle aktiv lizenzierten Bilder, vielleicht auch für nicht lizenzierte Bilder.

Damit würde der rechtlich übliche Weg des Zustimmungsverfahrens (im Gegensatz zum Widerspruchsverfahren) gegangen werden. Wer der Verwendung seiner Bilder zustimmt, stellt diese in das Werkverzeichnis ein (Opt-In). 

Klar ist: Es geht um sehr viele Werke. Allerdings sollte es für Plattformen oder eine andere Institution (wie zum Beispiel die Verwertungsgesellschaften) kein Problem sein auch sehr viele Werke zu katalogisieren, eventuell mit einer Fingerprint-Technik, die nicht das ganze Bild katalogisiert. Immerhin werden von den Social Media Plattformen heute alle irgendwie greifbaren Daten und Bilder katalogisiert.

 

3.1 Kontrolle über Nutzungsrechte liegt beim Rechteinhaber

Bei einem Opt-In Werkverzeichnis lizenzierter Bilder hätte der Urheber als Einsteller die volle Kontrolle über die eingeräumten Nutzungsrechte. Er kann nach eigenem Gutdünken Freigaben für sein Werk gestatten oder Verwendungen ausschließen, z.B. die Nutzung in einem politischen Zusammenhang. Möchte eine Person ein Werk hochladen, dessen Urheber/Rechteinhaber er nicht ist und welches noch nicht in dem Werkverzeichnis registriert wurde, muss der Rechteinhaber kontaktiert werden, der aus den Metadaten ersichtlich sein sollte. 

 

3.2 Achtung des Urheberpersönlichkeitsrechtes

Mit einem solchen Opt-In-Werkverzeichnis hätte der Urheber weitestgehend Kontrolle über die Nutzung seiner Werke, sofern diese legal geschieht. Er kann für die Beachtung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte wie z.B. der Urhebernennung nach §13 UrhG sorgen.

Das entspricht dem Urheberrecht, nachdem jeder Urheber über die Verwendung seines Werkes frei entscheiden kann. Der Urheber könnte auch verantwortlich in Bezug auf die Rechte Dritter handeln, wie er das sonst bei Nutzungsanfragen auch macht.

 

 

 

 

3.3 Zuordnung und leistungsgerechte Abrechnung der Lizenzausschüttungen

Mit diesem Werkverzeichnis, das gleichzeitig auch ein Urheberverzeichnis wäre, könnten auch Bilder, die ohne Urheberinformationen in den Metadaten von Nutzern bei den Diensteanbietern hochgeladen werden, den tatsächlichen Urhebern zugeordnet werden. 
Es wäre auch klar nachvollziehbar, wie häufig Werke verwendet wurden, ja sogar wie häufig sie angesehen wurden. Mit diesen Informationen könnten die Lizenzerträge leistungsgerecht verteilt werden, und zwar auch an Außenstehende.

Gleichzeitig könnten Urheber hinsichtlich des Erwerbs weiterer Nutzungsrechte leicht kontaktiert werden.

 

3.4 Ein Werkverzeichnis als echter Mehrwert für Urheber, Nutzer und Dienstanbieter

Die Nutzer und auch die Diensteanbieter haben Rechtssicherheit, weil sowohl eine Lizenz als auch eine Unbedenklichkeit bzgl. Rechten Dritter vorliegt. 

Die Urheber profitieren von den Lizenzen und haben die Kontrolle über ihre Werke.

Ein Werkverzeichnis könnte später auch leicht zu einer Plattform ausgebaut werden, über die Urheber ihre Werke direkt an Nutzer, auch kommerzielle Nutzer, verkaufen können.

Derzeit verkaufen die allermeisten Fotografen ihre Bilder über Bildagenturen, die häufig nur einen geringen Teil des ursprünglich erzielten Honorars an die Fotografen weitergeben. Heutzutage könnte über einen solchen zentralen Marktplatz sehr leicht ein direkter Kontakt hergestellt werden. 

Damit könnte die wirtschaftliche Situation vieler Fotografen weltweit deutlich verbessert werden, weit mehr und tiefgreifender als durch die Plattformlizenzen. Die Führung eines solchen Werkverzeichnisses könnte durch eine Stiftung oder vielleicht sogar durch die Verwertungsgesellschaften erfolgen.

 

 

4. Wie geht es jetzt weiter?


Das Gesetz ist am 01.08.2021 in Kraft getreten. Aber es sind noch sehr viel Fragen offen:

4.1            Die VG will Ihren Wahrnehmungsvertrag noch einmal ändern, aber bislang ist nicht klar in welcher Form und ob das diesmal mit den Mitgliedern diskutiert wird. In jedem Fall ist sie zurzeit gegenüber den Diensteanbietern nicht verhandlungsfähig.

4.2            Das Bundesministerium der Justiz ist vom Parlament beauftragt, einige Details zur Umsetzung des Gesetzes auszuarbeiten und per Rechtsverordnung zu regeln. (UrhG § 52d Verordnungsermächtigung):

1. Ausübung und Rechtsfolgen des Widerspruchs des Außenstehenden (§ 51 Absatz 2 und § 52 Absatz 2),

2. Unzumutbarkeit des Rechteerwerbs (§ 51a Absatz 1 Nummer 2),

3. Informationspflichten (§ 51a Absatz 1 Nummer 4 und § 52a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4),

4.  Angemessenheit der Frist (§ 51a Absatz 1 Nummer 4),

5. Repräsentativität von Verwertungsgesellschaften, einschließlich Vermutungswirkung und gemeinsamem Handeln mehrerer Verwertungsgesellschaften (§ 51b),

6. weitere Anforderungen zur Verfügbarkeit von Werken, einschließlich des zur Ermittlung der Verfügbarkeit erforderlichen vertretbaren Aufwands und der Wahrung der Urheberpersönlichkeitsrechte insbesondere bei nicht veröffentlichten Werken (§ 52b),

7. Nutzung von Werkreihen aus Drittstaaten (§ 52c).“

Bis jetzt gibt es keinerlei Anzeichen, dass das Bundesministerium an diesen Fragen arbeitet. Vielmehr wird man wohl vielfach den Gerichten die Konkretisierung der Gesetzestexte überlassen. Urheber werden sich auf zeitintensive und kostspielige Verfahren einlassen müssen, um ihre ureigensten Rechte zu verteidigen. Und dabei ist natürlich nicht gewährleistet, dass in jedem Fall ausgewogene Urteile gefällt werden.

4.3            Niemand kann bis jetzt sagen, wie viele Bilder überhaupt im Rahmen einer ECL verwendet werden.

4.4.            Niemand kann bis jetzt sagen, wie diese Bilder tatsächlich vergütet würden. Klar ist, dass die Diensteanbieter sehr harte Verhandlungspartner sind. Man kann davon ausgehen, dass sie von ausgezeichneten Anwälten vertreten werden.

4.5            Niemand kann folgerichtig sagen, ob sich dieser „Deal“ für die Urheber lohnt. Wir geben viel, nämlich die Kontrolle über die Verwendung unserer Bilder. Zumindest einige von uns werden durch das UrhDaG an anderer Stelle finanzielle Einbußen hinnehmen müssen.

 

 

 

5. Fazit

 

Wir haben Zweifel am Sinn und der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes, das so schwer zu verstehen und zu erklären ist, das so unterschiedlich ausgelegt werden kann und das gleichermaßen für ganz unterschiedliche Werkformen gelten soll – aber doch fast jede Person betrifft. 

Offensichtlich war der Gesetzgeber sehr bemüht, die Fristen des Europäischen Parlaments zur Umsetzung der Richtlinie einzuhalten, ist dabei aber über das Ziel hinausgeschossen.  Unbedingt sollten die Netzaktivisten zufriedengestellt werden, die eine Einschränkung der Meinungsfreiheit ins Feld geführt haben. Ganz offensichtlich sollten z.B. auch Memes unbedingt möglich gemacht werden, da die Blockierung des Urhebers oder Rechteinhabers durch die „mutmaßlich erlaubte Nutzung“ leicht umgangen werden kann.

Dass dabei gerade bei Fotos eine Menge Kollateralschäden entstehen können und auf die betroffenen Fotografinnen und Fotografen eine Menge Unannehmlichkeiten zukommen werden, wurde billigend in Kauf genommen. 

Leider haben sich die Verbände von Fotografinnen und Fotografen offenbar kaum mit dem UrhDaG beschäftigt. Kommentare von Verbänden zu den ersten Gesetzentwürfen fielen oberflächlich aus, die Tragweite der gesetzlichen Regelung wurde offenbar nicht erkannt. Andererseits wurden vom Gesetzgeber viele sehr fundierte Stellungnahmen und rechtliche Einschätzungen zu den Entwürfen und im Rahmen der Anhörungen des Bundestages nicht berücksichtigt. bzw. ignoriert. Möglicherweise aufgrund der nahen Bundestagswahlen und der Frist des Europäischen Parlamentes.

Eine Änderung der Gesetze ohne höchstrichterliche Anordnung steht nicht zu erwarten. Also werden die offenen Fragen bzw. die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes nur durch den Gang durch die Instanzen geklärt werden können. Die Urheber haben hier mit den Plattformen aber auch der Netz-Community mächtige Gegner.

 

 

Wir werden das weiter beobachten und freuen uns weiterhin über Fragen und Anregungen.

 

Unser Dank gebührt RA Verena Rheker-Heerde (www.rheker-heerde.de) und Sabine Pallaske (www.bildgerecht) für viele Erklärungen und Korrekturen.

 

 

Heiner Müller-Elsner 

Sascha Rheker

Florian Sonntag

Marco Urban

Jan-Frederik Wäller

 

 

Kontakt: info@fotografie-hat-urheber.de

Website: www.fotografie-hat-urheber.de

 

 


Heiner Müller-Elsner

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20357 Hamburg

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Sascha Rheker

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sascha@srheker.de

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Florian Sonntag

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Tel.: 0163 3872385

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Tel.: 030 23004400 

Jan-Frederik Wäller

Elsässer Str. 41

22049 Hamburg

www.waeller.info

mail@waeller.info

Tel.: 040 64568928

 

 

 

Hinweis: In diesem Dokument wird der besseren Lesbarkeit halber das generische Maskulinum verwendet. Alle grammatikalischen männlichen Bezeichnungen für Personen gelten ungeachtet ihres Geschlechts.

 

 

 

 

 

 

6. Quellenverzeichnis

 

6.1            Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG (Art. 17 ab Seite 119)

       https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019L0790&from=DE

6.2             Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkes mit Stellungnahmen zum Entwurf https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Gesetz_Anpassung-Urheberrecht-dig-Binnenmarkt.html

6.3            Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG)

http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/UrhG.pdf

6.4            Gesetz über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten (UrhDaG)

http://www.gesetze-im-internet.de/urhdag/UrhDaG.pdf

6.5            Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (VGG)

http://www.gesetze-im-internet.de/vgg/VGG.pdf 

6.6            Deutscher Bundestag, Anhörung Rechtsausschuss mit Stellungnahmen der Sachverständigen, Anhörung Rechtsausschuss Deutscher Bundestag

https://www.bundestag.de/ausschuesse/a06_Recht/anhoerungen/826574-826574

6.7            Stellungnahme RA Dr. Christian Seyfert

https://zellerseyfert.com/de/litigationblog-detail/items/id-13-kritikpunkte-an-den-geplanten-9-ff-urheberrechts-diensteanbieter-gesetz-urhdag-regierungsentwurf-stand-07-02-2021.html

6.8            Beschlussempfehlung des Bundesrates vom 16.03.2021 (so nicht beschlossen)

https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2021/0101-0200/142-1-21.pdf?__blob=publicationFile&v=1

6.9            Beschluss des Bundesrates vom 26.03.2021

https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2021/0101-0200/142-21(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1

 

 

Stand: 30.11.2021