Position KI-Trainingsdaten | VG BildKunst

Unsere Position zu KI-Trainingsdaten & Lizenzierung | VG BildKunst vom 20.06.2024

Liebe Mitzeichner*innen,

seitdem wir das letzte Mal an Euch geschrieben haben, ist Zeit vergangen und die Veränderungen der Reform des Urheberrechts, zu denen wir Kritik und Bedenken geäußert haben, und zu denen wir uns mehr Debatte und Einordnung gewünscht haben, werden nun ausgerollt, ganz konkret in dem Projekt „Social Media Bildlizenz“.

Wir sind in der Zwischenzeit weniger als Initiative in Erscheinung getreten und agieren als Einzelakteure. Marco Urban ist mittlerweile Vorstandsvorsitzender von FREELENS. Um Loyalitätskonflikte zu vermeiden, lässt er sein Engagement hier ruhen. Wir sind aber natürlich weiterhin miteinander im Gespräch.

„Antrag 13“ – warum wir uns jetzt wieder melden:
Anlass, Euch nun wieder zu schreiben und uns zu Wort zu melden, ist das Vorhaben der VG Bildkunst, das Weltrepertoire des stehenden Bildes (abzüglich Opt Out) als KI-Trainingsdatensatz lizenzieren zu wollen. Nachzulesen ist das in Antrag 13, über den am 13. Juli 2024 auf der Mitgliederversammlung der VG Bildkunst abgestimmt werden soll. So schreibt die VG Bildkunst: „…Die kollektive Wahrnehmung der Rechte erhöht dagegen die Chancen auf zumindest eine Vergütung und entlastet auch insoweit bei der Verteidigung der Rechte, als die Kosten der Rechtedurchsetzung nicht von einzelnen Urheber*innen getragen werden müssen, sondern ebenfalls bei der VG Bild-Kunst kollektiv getragen werden.

Eine Lizenzierung der Nutzung von Werken zur KI-Nutzung kann sinnvoll nur erfolgen, wenn sie als s.g. „erweiterte Kollektivlizenz“ unter Einbeziehung Außenstehender erfolgt, weil ansonsten dem Lizenznehmer eine Aufstellung der von der Lizenz erfassten Werke zur Verfügung gestellt werden müsste. …“Quelle: https://www.bildkunst.de/fileadmin/user_upload/downloads/PDF_Dokumente_MV_2024/Erl%C3%A4uterung_zur_Tagesordnung_MV_2024.pdf

KI-Trainingsdaten – Lizenzierung – unsere Position:
Aus Sicht der Urheber:innen kann uns an der Lizenzierung zu KI-Trainingszwecken nicht gelegen sein, es ist kompromisslos abzulehnen. KI ist für uns Urheber:innen schädlich. KI-Bildnisse stehen in harter Konkurrenz zur Fotografie und KI hat das Potenzial, für die Werkform Fotografie schädliche Auswirkungen zu haben.

Hier ist anzumerken, dass überhaupt erstmal final zu klären ist, ob KI-Training urheberrechtlich greifbar und somit urheberrechtlich lizenzierbar ist. Trotzdem liegt der Antrag 13 vor und man bringt sich in Stellung, wir tun es auch.

KI & KI-Training – was Andere dazu sagen:
Der Berufsverband FREELENS hat zu dem Thema KI Stellung genommen und schreibt (hier in Auszügen): „ … Hier ist in kürzester Zeit ein parasitäres System entstanden. Tech-Konzerne verleiben sich die Kreativität erst ohne Vergütung ein, um dann die Kreativen durch KI zu ersetzen. Der Parasit tötet hier den Wirt, auch wenn er ohne frisches Blut in Form von neuen kreativen Werken selbst verenden wird. Es droht eine Dystopie des kreativen Stillstands und der ewigen Wiederholung. …

… Wir fordern, die Rechte von Urheber*innen zu achten, deren Bilder von KI-Generatoren als Trainingsmaterial (Datamining) verwendet werden. Unter dem Vorwand wissenschaftlicher Forschung werden über gemeinnützige Vereine Links und Metadaten von derzeit 5,85 Milliarden Bildern den großen Tech-Konzernen zur Verfügung gestellt. Diese Trainingsdaten werden eine enorme Wertschöpfung erzeugen, die bei diesen wenigen Tech-Konzernen in den USA und in China verbleibt. KI-Business ist kein sympathisches Start-up-Business. IT-Giganten wie Microsoft, Google und Amazon, welche die Infrastruktur in Form von enormen Rechenkapazitäten beherrschen, werden die wirtschaftlichen Profiteure der Entwicklung sein.

Der ursprüngliche Ansatz, diese Technologie »Open Source« und damit transparent zu erhalten, wurde inzwischen aufgegeben. Open AI ist seit GPT-4 nicht mehr »Open«. Damit fällt die Maske, es geht nicht um Forschung, es geht um sehr viel Geld. Es geht darum, den Markt zu dominieren und Abhängigkeiten zu schaffen.

Außen vor bleiben die Kreativen der Welt, die für die Speisung dieses Systems unerlässlich sind. Von ihnen wird keine Erlaubnis eingeholt und sie werden auch nicht honoriert, wie im Urhebergesetz vorgesehen. …

… Es müssen gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die KI-Anwendungen kontrollieren, die Übermacht der großen Tech-Konzerne regulieren und die Transparenz beim Datamining sicherstellen. …“Quelle: https://freelens.com/politik-medien/eine-gesellschaftliche-debatte-ueber-die-auswirkungen-von-ki-ist-unabdingbar/

Die Sicht der FREELENS Stellungnahme zu KI teilen wir ausdrücklich zu weiten Teilen.

Nochmal: Wir sollen unsere Werke über kollektive Lizenzen für billiges Geld zur Verfügung stellen, um mit diesen Daten dann eine KI mit Material zu befüttern, deren Output die Fotografie in ihrer Art und in ihrem Sein unter Druck setzt oder gar verdrängt. Wir sägen damit an unserem eigenen Ast.

KI-Training ist endlich – Lizenzierung somit auch:
Künstliche Intelligenz (KI)-Systeme, die Bilder generieren, werden in der Regel einmalig mit großen Mengen an Trainingsdaten, einschließlich Fotografien, trainiert. Dieser Trainingsprozess ermöglicht es der KI, Muster und Merkmale aus den Daten zu lernen. Diese Erkenntnisse aus den Mustern fließen in einen Algorithmus. Nach Abschluss des Trainings kann die KI neue Bilder basierend auf dem gelernten Wissen erstellen, ohne ständig auf die ursprünglichen Trainingsdaten zurückgreifen zu müssen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die KI für die Verbesserung ihrer Fähigkeiten oder die Anpassung an neue Arten von Bildern zusätzliche Trainingsdaten benötigen könnte. In solchen Fällen werden weitere Daten eingeführt, um die KI weiter zu schulen und ihre Genauigkeit und Vielfalt bei der Generierung von Bildern zu erhöhen.

KI braucht Trainingsdaten einmalig, um dann fortwährend für die Zukunft KI-Output zu generieren. Die Lizenzierung ist somit endlich, die Wertschöpfung aus einer Lizenzierung ist es demnach auch. Zeitgleich entsteht ein neues visuelles Produkt, der generierte KI-Output, der fortan immer wieder neu hervorgebracht werden kann und dessen Vermarktung wertstabil bleibt.

KI- Output & generierte Bilder – Konkurrenz zu Fotografien:
Neben dem gerade skizzierten Aspekt, dass die einmalig zum Training benutzten Fotografien nicht mehr für KI lizenzierbar sind, weil sie abgenutzt sind, kommt hinzu, dass der visuelle KI- Output auf dem Bildermarkt in Konkurrenz zu fotografischem Output tritt, was den Wertverlust von Fotografien zusätzlich beschleunigt.

KI-Output – Urheberbeteiligung – „Generier-Abgabe“:
Die Lösung für Urheber kann nur sein, an jedem zukünftigen und fortlaufenden Output an KI- Erlösen anteilig beteiligt und berücksichtigt zu werden, denn ohne die anfänglich eingebrachten Trainingsdaten wäre KI nichts. Unsere Werke sind der Ursprung, sie sind die Quelle.

Der Ansatz ist womöglich der hergebrachten Kopierabgabe angelehnt, nur übertragen auf KI, sozusagen eine „Generier-Abgabe“. Das wäre in die Zukunft gedacht, wächst mit und skaliert sich hoch, wenn der Output an generiertem visuellen Content steigt, wovon stark auszugehen ist. Das klassische Lizenzierungsmodell in der Werkform Fotografie bleibt für sich gesehen bestehen und unangetastet.

Anstatt über einen Weg nachzudenken, sich zu einigen und über eine Lizenzierung zu einer Regulierung in der Sache zu kommen, halten wir es für sinnvoller, einem Schadensersatz-Gedankenansatz zu folgen. Bei einer Lizenzierung können wir nur verlieren.

Kollektivierung des Urheberrechts
Ein weiterer ganz grundsätzlicher Aspekt bleibt das Thema der Kollektivierung unserer Urheberrechte. Man verspricht sich, die Handhabung des Urheberrechts vermeintlich einfacher zu gestalten. Auf den ersten Blick mag dieser Weg als praktikable Lösung wirken, aber es bleibt zu bezweifeln, ob wir Urheber:innen am Ende unter dem Strich die Profiteure davon sind. So bleiben bei der angemessenen und fairen Vergütung bei dem Konstrukt große Fragezeichen. Das Rechtemanagement über das Opt- Out wird uns Urheber:innen Ressourcen kosten und ist ein noch wenig beleuchteter Aspekt. Diese immer wieder hervorgehobene Vereinfachung wirkt wie ein Narrativ, wenn man sich z.B. ansieht, was sich, zu Recht, im Bereich der DSGVO getan hat. Das individuelle Persönlichkeitsrecht wurde massiv gestärkt und ausgebaut, das Gegenteil von Kollektivierung. Vor diesem Hintergrund wirkt die Kollektivierung des Urheberrechts wie ein Narrativ – ein schlechter Witz.

So wurde stets betont, dass es bei der Lizenzierung im Rahmen der Social-Media-Bildlizenz nur um die Nutzung durch „private Nutzer“ gehen würde, so geht es nun bei dem Antrag 13 ausdrücklich um kommerzielle, sowie nicht kommerzielle KI-Trainingszwecke. Dem folgend sollte man sich fragen, was zukünftig noch über das Konstrukt der kollektiven Lizenzierung alles möglich ist. Man sollte diskutieren, ob wir Urheber:innen am Ende einen Vorteil haben oder ob unsere Position unter dem Strich und letztendlich geschwächt aus dem Modell hervorgeht.

Weltrepertoire sagt sich schnell und meint viel – bei dem Konstrukt erweiterte kollektive Lizenzen geht es jeweils immer um alles. Von der kollektiven Lizenz sind ja nicht nur wir professionellen Urheber*innen betroffen.Außenstehende wenig greifbar, wer soll das sein? Damit sind alle Menschen, auch in anderen Ländern, gemeint, die durch das Drücken des Auslösers zu Urheber*innen werden können: eure Eltern, eure Kinder, Partner*innen, Kolleg*innen… und kein direktes Vertragsverhältnis mit der VG Bildkunst haben, deren Urheberrechte aber über die erweiterte kollektive Lizenz betroffen sind.

Vor diesem Hintergrund sollte man sich die Dimension und Tragweite vor Augen führen und verstehen, um was es geht – um alles.

Strukturen, Informationen, Einordnung, Diskurs – wir brauchen mehr:  Ohne viel Aufmerksamkeit landet dann ein Thema als Antrag auf einer Mitgliederversammlung. Der Antrag landet dort nicht zufällig und fällt nicht aus heiterem Himmel. Wie schon bei der Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform in deutsches Recht, gibt es in der Community der Fotografie bei diesem ganz konkreten Fall auch nun wieder bei einem Vorhaben mit Tragweite und Relevanz keine breite und öffentlich geführte Debatte, keinen sachlichen Diskurs und keine kontrovers geführte Auseinandersetzung mit dem Thema.  Zudem sei darauf hingewiesen, dass Verwertungsgesellschaften für die Fotografie und uns Urheber:innen in mancher Hinsicht wichtige Partner sein können, aber die Interessen einer Verwertungsgesellschaft nicht immer deckungsgleich mit den ureigenen Interessen von Urheber:innen sind.Deshalb brauchen wir funktionierende Strukturen und Prozesse, in denen: 1) über solche Vorhaben informiert wird, 2) solche Vorhaben neutral mit pro und contra eingeordnet werden, 3) in denen ein Diskurs und eine sachliche Auseinandersetzung stattfindet.

Wir freuen uns über Verbreitung der Position, Fragen, Anregungen und sachlichen Diskurs.

Heiner Müller-Elsner, www.mueller-elsner.de
Simone M. Neumann, www.simone-m-neumann.de
Sascha Rheker, www.sascharheker.com
Florian Sonntag, www.floriansonntag.com
Jan-Frederik Wäller, www.waeller.info